Jurassic Shark – garantiert jugendfrei!
In der stets auf Innovation bedachten Filmbranche ist man natürlich längst auf den digitalen Zug aufgesprungen. Optische Tricks, Stunts und Sets stammen heute gern aus dem Rechner, was so manchem Filmliebhaber nicht selten sauer aufstößt. Aber es gibt auch Altbewähtrtes, an dem man nur allzu gerne fest hält. Das gute alte Reißbrett – in seiner Stammbranche schon seit Jahrzehnten verdrängt – erfreut sich nach wie vor allergrößer Beliebtheit. Jüngstes Beispiel: MEG. Ein Film über einen urzeitlichen Riesenhai (dem Megalodon), der aus den unerforschten Untiefen des Ozeans plötzlich auftaucht und offenbar so richtig Lust auf die gegenwärtige Oberfläche verpürt.
So ziemlich alles an diesem Machwerk wurde exakt nach den Statuten entworfen, die dem Reißbrett seinen Sprichwortcharakter verliehen. Sämtliche Bausteine, Zutaten und Personal dienen nur einem einzigen Zweck: der größtmöglichen globalen Wirtschaftlichkeit. Man nennt sowas auch Gewinnmaximierung bei gleichzeitger Risikominimierung. Oberstes Credo dabei natürlich eine Freigabe ab 12. Schließlich sind die lieben Kinder und Jugendlichen die inzwischen mit Abstand größte Besuchergruppe. Leider darf es dann natürlich weder zu anzüglich, noch zu brutal und blutig werden. Ersteres ist bei einem Hai-Schocker problemlos abzuhaken, der Verzicht auf explizite Gewalt erfordert dann allerdings den ein oder anderen Spagat. So ist das Riesenvieh zwar natürlich ultimativ gefährlich und gefräßig, darf seiner Lieblingsbeschäftigung aber leider nur im Off oder hübsch blutarmen Bildern frönen. Schwimmt er mal so richtig beherzt auf einen Badestrand zu, der hunderte von plantschenden Leckerbissen bereit hält, wird der von den bösen Meeresforschern mit einem Walgesangsignal wieder weg gelockt. Der geneigte Tierhorrorfan wird sich hier ebenso mit Grausen abwenden wie der Bewunderer von Spielbergs forscher Phase.
Derartige Nörgeleien wird man allerdings gut veschmerzen können, denn mit der allumfassenden Familientauglichkeit ist die oberste Geldruckmaxime eingetütet. Und um wirklich nichts dem Risiko eines enttäuschenden Einspiels auszusetzen, ist man auch beim zweitwichtigsten Aspekt voll auf Nummer sicher gegangen: der Asia-Tauglichkeit. Gerade im Bereich der etwas weniger anspruchsvollen Blockbuster kommt seit Jahren ein Löwenanteil aus Fernost und dort insbesondere aus Südkorea und China. Bays Verwandlungsblechdeppen und Depps Piratentunte wären längst implodiert, hätte das asiatische Publikum nicht so treu auch den allergrößten Flachsinn bejubelt. So viel Loyalität muss belohnt werden, also darf der chinesische Superstar Li Bing Bing den westlichen Action-Platzhirsch Jason Statham anschmachten und das gefräßige Urviech an den Stränden des chinesischen Badeparadieses Sanya Bay wildern. Wobei das Schmachten selbstverständlich komplett jugendfrei geschieht ebenso wie natürlich das „Wildern“ – nicht vergessen, wir wollen das breitest mögliche Publikum ansprechen und auf gar keinen Fall irgendwelche sanften Gemüter verschrecken -, mehr einem gemütlichen Flanierschwimmen gleicht.
Also, was haben wir? Die Einschleimoffensive bei allen unter 16 und bei allen chinesischen Freunden des kindischen Krawumm ist schon mal ein glorreicher Start-Ziel-Sieg. Effektiver geht nun wirklich nicht. No sex, no blood and a lot of Asia feeling. Bleibt noch die Transformers Erfolgsformel, bei der auch der qualitativ etwas anspruchsvollere Blockbuster-King Disney/Marvel ganz gern die ein oder andere Anleihe nimmt: „Make it big, make it loud and don´t care too much about logic.“ Gesagt, getan, soll heißen „The Meg“ ist ein lärmiger, großspuriger Wasserrummelplatz, bei dem die Story nicht gerade Pulitzerpreis verdächtig daher kommt. Die handelnden Kameraden sind flach wie Flundern, bekommen aber sämtlich ein wenig Hintergrund verpasst, so dass man sie zumindest auseinander halten kann und ihr potentielles Ableben nicht völlig belanglos erscheint. Von dem ganzen Cast bleibt dann auch einzig Jason Statham in Erinnerung, der als kerniger Rettungstaucher mit Trauma – keine Angst, das überwindet er bei Bedarf in wenigen Sekunden – den Film einigermaßen zusammen hält. Der Rest ist Personal oder Finanzier der Unterwasser-Forschungsstation Mana One und am besagten Reißbrett entwickelt. Der Milliardär kommt in Turnschuhen, der schwarze Wissenschaftlicher ist ein Spaßvogel, die chinesische Juniorchefin ist ein Wissenschfatsgenie und der Doc ist ein Miesepeter. Ach ja, das obligatorische süße Kind darf natürlich auch nicht fehlen und klar, es findet Jonas Taylor (unser Jason) richtig cool.
Und der böse Meg? Der schafft es irgendwie durch die Thermokline zu schlüpfen, um im 21. Jahrhundert ein wenig Angst und Schrecken zu verbreiten. Besonders gnadenlos ist er dabei nicht, aber das schützt ihn natürlich keineswegs vor ebensolcher Verfolgung, schließlich ist er ein sehr großer, sehr böser Fisch. Die Hatz ist dann immerhin einigermaßen unterhaltsam geraten und richtige Langeweile kommt eigentlich nie auf, wenn da halt nur nicht fortwährend das Gefühl wäre, man sei im falschen Film. Regisseur John Turteltaub ist ja nicht gerade bekannt für harte Genrekost, aber glaubt man seinen Aussagen, dann hat er einen ganz anderen Film im Sinn gehabt, einen Film der sich deutlich mehr an Spielbergs Klassiker „Jaws“ orientierte als am Plantsche-Abenteuer „Flipper“. Nach eigenen Angaben soll auch Jason Statham für einen ganz anderen Film unterschrieben haben als den, der momentan die Lichtspielhäuser (un-)sicher macht. Die einstige Action-Hoffnung Thomas Jane hatte da seinerzeit mehr Glück. Zwar hat er es nicht zu einer vergleichbaren Genre-Karriere gebracht, aber wenigstens bekam man bei seinem Hai-Shocker genau das, was man erwartet hatte. Also egal ob per Streaming, Leihe, oder Privatvideothek, „Deep Blue Sea“ ist genau der Film, der „Meg“ hätte sein sollen. Am Reißbrett ist auch der entstanden, aber wenigstens ein Reißer geblieben.
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(Rating: 4 / 10)