Schon mal ein Eichhörnchen auf Steroiden gesehen? Nein? Dann aber mal ran an „Stone Cold“ und das fröhliche Knacken der Nüsse, die Arnold und Sly hinterlassen haben.
Ein Linebacker auf Rockerjagd – Cobretti, übernehmen Sie!
Quo vadis Actionkino? war Anfang der 1990er Jahre eine mehr als berechtigte Frage. Die alles dominierenden Platzhirsche hatten sich entweder vermehrt dem lukrativeren Family-Entertainment zugewandt (Arnie), oder ihren Zenit zunehmend erkennbar überschritten (Sly). Das schaffte Platz für allerlei Anwärter aus der zweiten Reihe (Steven, Jean-Claude), der wie wir heute wissen entschieden zu großflächig für die bemühten Herren ausgefallen war. Seinerzeit war man da allerdings noch bester Hoffnung und ließ neben den üblichen Kampfsportakrobaten auch mal den ein oder anderen Sport-Star ran. Football-Ikone Brian Bosworth ist ein solcher und der durfte 1991 mal so richtig auf die Kacke in Gestalt einer ganz üblen Rockergang hauen.
Der Auftakt ist schon mal recht viel versprechend, wenn drei fiese Schurken einen schnöden Supermarkt stürmen und sich neben bewaffnetem Raubüberfall auch gleich noch Geiselnahme aufs Kerbholz laden. Blöd nur, dass der gerade suspendierte Cop Joe Huff (unser Brian) just im selben Augenblick nach Leckerlies für sein beschupptes Haustier kramt und so gar nichts gegen eine kleine Schießerei-Abwechslung einzuwenden hat. In bester „City Cobra-Tradition macht er sich seinen Spaß mit den psychisch labilen und geistig debilen Hobby-Gangstern und degradiert das angerückte FBI-Polizei-Gemisch zu bedröppelten Statisten.
In diesem sympathischen Cobra-Gedächtnis-Stil geht es dann so zügig wie stramm weiter, soll heißen, wir lernen den privaten Joe ein wenig näher kennen. Der toppt Cobrettis Pizza-Scherenschnitt noch mit einem selbst kreierten Fitness-Shake, bestehend aus Orangensaft, Chips, Banane, zwei Snickers und zwei Eiern mit Schale sowie einem ordentlichen Schuss Tabasco. Das fertige Gebräu trinkt er aber nicht etwa selbst, sondern serviert es seinem freudig erregten Haus-Waran im schicken Hundenapf. Ansonsten tänzelt er gern im schwarzen Stringtanga durch sein Pastell-Loft und hält sich den ein oder anderen Model-Nackedei als willige aber ansonsten wohltuend unambitionierte Bettdekoration.
Das hat durchaus einen gewissen Stil, leider ist ihm dieser bei seiner Haarpracht gänzlich abhanden gekommen. Die blondierte Vokuhila-Fönwelle ist so ziemllich die dämlichste Frise in der epischen Geschichte dämlicher Film-Frisuren. Bosworth sieht damit wie ein zweibeiniges Steroiden-Eichhörnchen aus, was sein aufreizend leerer Blick immerhin kongenial komplettiert. Womit wir beim zentralen Problem des schneidigen Action-Vehikels wären. Zwar trieft die Hommage an Schwarzeneggers und Stallones Großtaten aus allen verschwitzten Poren, aber der gute Brian blamiert sich im Charisma-Vergleich bis auf die knappe Unterhose. Wieder einmal wird damit deutlich, dass die Vorbilder unabhängig ihrer diskussionswürdigen mimischen Fähigkeiten über eine Leinwandpräsenz und Ausstrahlung verfügten, die die gesamte Epigonen-Konkurrenz wie unbeholfen auf cool machende Dorftrottel aussehen lässt.
Man muss also den Wasserstoff-behelmten Potagonisten irgendwie akzeptieren, um bei „Stone Cold“ auf seine Kosten zu kommen, bei Erfolg warten dann aber ein paar ordentliche Haudrauf-Leckereien. Für die sorgen vor allem Lance Henriksen und William Forsythe. Die beiden B-Action-Veteranen veredeln jeden Schurkencast und dürfen als Rockerboss Chains Cooper (Henriksen) und dessen Handlanger Ice (Forsythe) dem Affen mal wieder so richtig Zucker geben. Ihr Berufsalltag besteht aus Erpressung, Prostitution, Dogengeschäften und Mord, ein Alltag den sie erkennbar zu genießen wissen und mit entsprechendem Feuereifer nachgehen. Zur Enstpannung gibt es dann das gängige Rockertreff-Entertainment-Programm: Prügeleien, Saufgelage und Lapdance-Animation mit anschließendem Praxistest. Der vom FBI eingeschleußte Huff alias John Stone stellt ihre Beziehung schließlich auf eine harte Probe, denn der um seine Position fürchtende Ice ist von Beginn an (zu Recht) misstrauisch, während Chains (zu Unrecht) das große Drogengeld wittert.
Man sollte jetzt aber ja nicht Tiefgang, Drama und Milieustudie à la „Sons of Anarchy“ erwarten. Wer dagegen Arnold als Undercover-Mafiosi in „City Hai“ toll und vor allem plausibel fand, der wird auch hier glücklich werden. Der gute John Stone ist binnen Minuten ein lautstarkes Mitglied der Bruderschaft und sammelt geradezu spielerisch Beweise für ihre kriminellen Machenschaften. So richtig brenzlig wird es für den taffen Stone nie, schon gar nicht im erwartungsgemäß hohl drehenden Inferno-Finale. Dort stürmt die Bruderschaft mit Mann, Helikopter und Maus einen Gerichtssaal um ein inhaftiertes Gang-Mitglied frei zu ballern. Der kurz zuvor enttarnte Stone durchkreuzt diesen Plan in unnachahmlicher Einzelkämpfer-Manier und beschert den vermeintlichen Rockerfreunden ihre ganz perönliche Apokalypse.
Circa 25 Millionen Dollar hat das von Michael Douglas coproduzierte Feuerwerk gekostet, ein Aufwand der offenbar samt und sonders in die Actionszenen floss (und an der Kinokasse leider nicht zurück). Ob mit Faust, Wumme oder allerlei explosivem Material, hier gibt es in sauber getakteten und hübsch kurz gehaltenen Abständen auf die Zwölf, so dass der hanebüchene und mit recht dünner Nadel gestrickte Plot angenehm in den Hintergund rückt. Vom stets omnipräsenten Bosworth mitsamt seiner Nagetier-Haarpracht kann man das leider nicht behaupten, was den ganzen Spaß dann wieder erheblich dämpft. In solch tiefer gelegten Commando-Szenarien folgen wir nämlich nur denen bedingungslos, die der ganzen Chose mit augenzwinkernder Coolness und natürlicher Lässigkeit begegnen. Den schmalen Grad zwischen Huldigung und Karikatur zertrampelte Brian Bosworth allerdings ohne erkennbare Reflexion und trug so nicht unwesentlich zum Niedergang des Körperkinos bei. Stone-cold ist seine Darbietung alllemal, aber eben auch stone-broke auf der Ausstrahlungs- und Sympathieskala. Ein Linebacker macht halt keinen Touchdown, hätte man ja wissen können.
(Rating: 6 / 10)
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